Gerade

Gerade

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1ge|ra|de [gə'ra:də] <Adj.>:
1.
a) in immer gleicher Richtung verlaufend, nicht gekrümmt:
eine gerade Linie, Straße.
b) in natürlicher, für richtig, passend, angemessen empfundener Richtung [verlaufend], nicht schief:
ein gerader Baumstamm; eine gerade (aufrechte) Haltung; einen Draht gerade biegen; gerade gewachsen sein; sich gerade halten; sitz, steh gerade!; das Bild hängt gerade.
Syn.: aufrecht, stramm.
Zus.: kerzengerade.
2. offen seine Meinung äußernd, ohne sich beirren zu lassen:
ein gerader Mensch.
Syn.: aufrichtig.
  2ge|ra|de [gə'ra:də] <Adverb>:
1. in diesem Augenblick:
sie ist gerade hier; er ist gerade (vor ganz kurzer Zeit) hinausgegangen.
Syn.: 2eben, gegenwärtig, im Augenblick, im Moment, jetzt, just (veraltend, noch scherzh.), momentan, soeben, zurzeit.
2.
a) (landsch.) kurz, rasch einmal; für [ganz] kurze Zeit:
kannst du mir gerade [mal] das Buch geben?
b) in unmittelbarer Nähe, genau da:
er wohnt gerade neben uns, an der Ecke.
c) nur mit Mühe, ganz knapp:
er kam gerade zur rechten Zeit; das reicht gerade [noch] für zwei Personen.
Syn.: 2eben, eben noch, mehr schlecht als recht, mit Ach und Krach, mit Hängen und Würgen, mit knapper Not.
d) erst recht:
nun werde ich es gerade tun!
  3ge|ra|de [gə'ra:də] <Partikel>:
1. dient dazu, etwas Bestimmtes hervorzuheben und auszudrücken, dass eine Aussage zwar nicht nur, aber in besonderem Maße für das Hervorgehobene gilt: gerade das wollte ich nicht bewirken; gerade als Vorgesetzter muss man sich immer korrekt verhalten; gerade er sollte lieber ruhig sein; du hast es gerade nötig!
2. ausgerechnet:
gerade heute muss es regnen!; warum gerade ich?
3. (ugs.) dient nach »nicht« dazu, die Verneinung abzuschwächen (oft um eine Kritik abzumildern, auch ironisch): das ist nicht gerade viel; er ist nicht gerade fleißig, ein Adonis; dass sie ein Genie ist, kann man nicht gerade behaupten.

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ge|ra|de1
I 〈Adj.〉
1. in gleicher Richtung weiterverlaufend, ohne Krümmung, ohne Ecken verlaufend (Linie, Strecke, Weg)
3. unmittelbar, ohne Umweg
4. senkrecht, waagerecht, eben
5. 〈umg.〉 genau
6. 〈fig.〉 freimütig, aufrichtig, offen
7. ehrlich, rechtschaffen
8. beständig, zuverlässig (Gesinnung, Mensch)
● ein \gerader Charakter; das \gerade Gegenteil 〈umg.〉 genau das G.; \gerade Glieder haben ● \gerade biegen = geradebiegen (I); \gerade gehen, sitzen; \gerade halten aufrecht bzw. waagerecht halten; sich \gerade halten aufrecht gehen, sitzen, stehen; \gerade legen = geradelegen; \gerade machen = gerademachen; \gerade richten = geraderichten; fünf \gerade sein lassen 〈fig.; umg.〉 es nicht so genau nehmen, etwas durchgehen lassen, Nachsicht üben; \gerade setzen = geradesetzen; \gerade sitzen aufrecht sitzen; \gerade stehen aufrecht stehen; 〈aber〉 →a. geradestehen; \gerade stellen = geradestellen ● \gerade gewachsen sein ● auf \gerader Straße; jmdm. \gerade in die Augen sehen; in \gerader Linie von jmdm. abstammen; in \gerader Richtung
II 〈Adv.〉
2. soeben, vor einem Augenblick, in diesem Augenblick
3. genau, richtig (passend)
4. eben (als Verstärkung)
5. ausgerechnet, niemand bzw. nichts anderes als
● warum \gerade ich?; muss es denn \gerade dieses Buch sein? ● es war \gerade 2 Uhr, als ... ● er ist \gerade angekommen, weggegangen; ich wollte \gerade ausgehen; einfallen: da fällt mir \gerade ein, dass ...; das fehlte \gerade noch! (zu allem Übel); sein: das ist es ja \gerade! darauf kommt es ja an!; du stehst \gerade, mach bitte die Tür zu! ● das ist mir nicht \gerade angenehm ziemlich unangenehm; \gerade entgegengesetzt; das kommt mir \gerade recht das passt mir sehr gut; so ist es \gerade richtig!; es ist, verhält sich \gerade umgekehrt ● der Stein traf ihn \gerade am Kopf; ich bin \gerade beim Lesen, Schreiben; \gerade damals hätte ich deine Hilfe gebraucht; \gerade darauf hatte ich mich so gefreut!; \gerade darum; \gerade deshalb; \gerade gegenüber; \gerade heute habe ich leider schon etwas vor; \gerade in dem Augenblick, als ...; \gerade jetzt; darauf habe ich \gerade noch gewartet das fehlte noch zu allem Übel; nun \gerade (nicht)! nun erst recht (nicht)!; \gerade weil er sie gern hat, müsste er es tun; er kam \gerade (noch) zur rechten Zeit
[<mhd. gerat „schnell bei der Hand, gewandt, schlank aufgewachsen“, dann a. „lotrecht“; zu ahd. Adv. rado „schnell“; verwandt mit rasch]
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ge|ra|de2 〈Adj.〉 durch 2 ohne Rest teilbar ● Gerade und Ungerade altes Glücksspiel, bei dem die gerade od. ungerade Zahl einer Münze o. Ä. in der geschlossenen Hand geraten werden muss [<ahd. girat „gleichzählend“, zum Stamm von got. radjo „Zahl“; verwandt mit Rede u. dem 2. Teil von hundert]

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ge|ra|de [ahd. girat = gleichzählend, d. h. durch 2 ohne Rest teilbar]; Abk.: g: in der Beschreibung elektronischer Zustände von Molekülen ein als Index am Termsymbol ( Term) stehendes Unterscheidungsmerkmal. – Ggs.: ungerade.

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1ge|ra|de <Adj.> [mhd. gerat, ahd. girat = gleich zählend, gerade, verw. mit Rede] (Math.):
(von Zahlen) durch zwei ohne Rest teilbar.
2ge|ra|de , (ugs.:) grade <Adj.> [mhd. gerade, gerat = schlank aufgewachsen, lang; gleich(artig), ahd. rado (Adv.) = schnell, verw. mit 2Rad]:
1.
a) in unveränderter Richtung fortlaufend, nicht krumm, gekrümmt; unverbogen:
eine g. Linie;
der Weg ist g. (ändert die Richtung nicht; ist eben, steigt nicht an);
den Draht wieder g. biegen, klopfen, machen;
der Rock ist g. geschnitten (nicht eng u. nicht ausgestellt);
b) in natürlicher Richtung [fortlaufend], nicht schief; aufrecht:
ein -r Baumstamm;
er hat eine g. (aufrechte) Haltung, ist g. gewachsen;
den Kopf, die Schultern, sich selbst g. halten;
sitz, steh g.!;
die Bücher im Regal g. stellen (so stellen, dass sie aufrecht stehen);
c) nicht schief; waagerecht, horizontal:
das Bild hängt nicht g.;
die Kerze g. halten.
2. aufrichtig, offen seine Meinung äußernd, ohne sich durch Rücksichtnahme auf andere beirren zu lassen:
ein -r Mensch.
3. genau, auch im Kleinsten übereinstimmend:
sie behauptet das g. Gegenteil.
3ge|ra|de , (ugs.:) grade <Adv.> [vgl. 2gerade]:
a) <zeitlich> in diesem Augenblick, soeben, momentan:
er telefoniert g.;
ich komme g. [erst] zurück;
wir waren g. beim Essen, als es passierte;
als er ankam, war sie g. (kurz vorher) gegangen;
b) (ugs.) rasch, geschwind, für [ganz] kurze Zeit:
bring doch g. [mal] das Buch herüber!;
c) unmittelbar, 1direkt (1):
er wohnt g. um die Ecke;
d) mit Mühe u. Not, knapp:
wir kamen g. [noch] rechtzeitig an;
e) (ugs.) erst recht:
jetzt [tue ich es] g. [nicht]!
4ge|ra|de , (ugs.:) grade Partikel; unbetont [zu 2gerade]:
1. drückt eine Verstärkung aus, weist mit Nachdruck auf etw. hin:
g. das wollte ich ja;
g. er sollte ruhig sein;
g. Kinder brauchen viel Zuneigung.
2. drückt Ärger, Verstimmung o. Ä. aus; ausgerechnet:
warum muss g. ich das tun?;
g. jetzt wird sie krank.
3. (ugs.) schwächt eine Verneinung ab, mildert einen Tadel o. Ä.:
ich verdiene nicht g. viel;
sie ist nicht g. fleißig.

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Gerade,
 
Mathematik: Grundgebilde der Geometrie, das durch zwei Punkte eindeutig bestimmt ist. Die kürzeste Verbindung zweier Punkte liegt auf der Gerade durch diese Punkte. Eine Gerade ist - im Gegensatz zur Strecke und zum Strahl - nach zwei Richtungen unbegrenzt. - In der analytischen Geometrie beschreibt man Geraden durch Gleichungen: Die allgemeine Form für eine Gerade in der (x, y)-Ebene lautet:
 
oder in projektiven Koordinaten (mit beliebigen Konstanten av). Die explizite Normalform lautet y = mx + b, wobei m = tan α die Steigung (α ist der Schnittwinkel der Gerade mit der x-Achse), b der Abschnitt auf der y-Achse ist. Verläuft eine zur y-Achse nicht parallele Gerade durch die beiden Punkte A (xA; yA) und B (xB; yB), wobei xA ≠ xB, so lässt sie sich durch die Zweipunkteform darstellen:
 
verläuft sie durch den Punkt A (xA; yA) mit der Steigung m, so kann man sie durch die Punkt-Steigungs-Form beschreiben:
 
In vektorieller Darstellung lautet die Gleichung einer Gerade durch einen Punkt mit dem Ortsvektor a in einer durch den Vektor b gegebenen Richtung x = a + tb (— ∞ ≦ t ≦ ∞). Weitere häufig gebrauchte Geradengleichungen sind die Achsenabschnittsform und die hessesche Normalform.
 

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Ge|ra|de, die; -n, -n <aber: zwei -[n]>: 1. (Geom.) als kürzeste Verbindung zweier Punkte denkbare, gerade Linie, die nach beiden Richtungen nicht durch Endpunkte begrenzt ist: Ü die endlosen -n der Gänge (Musil, Mann 1498). 2. (Leichtathletik) gerade verlaufender Teil einer Rennstrecke (Aschen-, Kunststoffbahn): das Feld bog in die G. ein. 3. (Boxen) durch das Stoßen der Faust in gerader Richtung nach vorn ausgeführter Boxschlag: eine linke G.; Mit langen -n wurde der Westdeutsche immer wieder empfindlich gekontert (Welt 26. 5. 65, 22).

Universal-Lexikon. 2012.

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